Schwanger über 45: Nadine Bode erzählt von ihrer Schwangerschaft per Samenspende

Nadine Bode ist 48 Jahre alt und hat vor ein paar Monaten ihren Sohn Dari zur Welt gebracht. Heute berichtet sie uns von ihrer Erfahrung als Single, die sich in eine Kinderwunschbehandlung begeben hat. Gemeinsam sprechen wir über Altersdiskriminierung, Selbstbestimmtheit und Hoffnung – viel Spaß beim Lesen!

Liebe Nadine, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns nimmst und deine Geschichte erzählst. Bevor wir starten, stell dich doch bitte kurz vor.

Hallo ihr Lieben, ich bin Nadine, 48 Jahre alt und die Mama vom kleinen Dari. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen, auch wenn mein Umfeld das nicht immer nachvollziehen konnte. Nach zwei juristischen Staatsexamen entschied ich mich, statt Anwältin zu werden, mein Hobby – das Online Marketing – zum Beruf zu machen. In meiner Freizeit tanze ich leidenschaftlich gerne, vor allem argentinischen Tango, aber auch Salsa oder Swing. Außerdem liebe ich das Gärtnern, sowohl drinnen als auch draußen, und würde mich am liebsten selbst versorgen, wenn ich den Platz dazu hätte. Ich bin gerne in der Natur unterwegs und reise, wenn auch seltener als früher, aus Gründen der Nachhaltigkeit.

Du hast vor wenigen Wochen dein erstes Kind zur Welt gebracht. Dein Sohn ist per Samenspende entstanden. Erzähl uns doch, wie es zu dieser Entscheidung kam.

Das war ein längerer Prozess. Mit Anfang 20 dachte ich, ich würde spätestens mit 30 Mutter sein. Meine Mutter bekam mich sehr jung, was ich immer bewundert habe. Doch die Beziehungen, die ich hatte, führten nie zu einem Kind. Viele Männer änderten ihre Meinung bezüglich des Kinderwunsches, oder sie konnten keine Kinder zeugen. Letztlich löste ich mich aus drei Beziehungen, weil ich mir ein Leben ohne Kind nicht vorstellen konnte. Es war schwer, aber der Kinderwunsch ab 40 wurde bei mir immer stärker. Schließlich entschied ich mich als Single-Mutter dazu, eine Samenspende zu nutzen und alleine den Weg der Kinderwunschbehandlung zu gehen.

Meinen aktuellen Partner habe ich dann beim Tango kennengelernt. Auch er wollte keine Kinder, ich hingegen noch immer. Darum nenne ich mich Single-Mutter, weil ich mich nach drei Jahren Beziehung und endlosen Diskussionen entschieden habe, alleine in die Kinderwunschbehandlung zu gehen, dort offiziell als Single behandelt wurde und jetzt auch faktisch alleinerziehend bin, sowohl finanziell als auch sorgerechtlich.

Nun zu der konkreten Frage: Wie läuft eine Kinderwunschbehandlung ab? Kannst du den Ablauf für unsere Leserinnen erklären?

In der Kinderwunschklinik gab es zuerst ein Vorgespräch, bei dem Blutwerte untersucht wurden. Für mich, mit 47 Jahren, standen Insemination, In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder Eizellspende im Ausland zur Auswahl. Da ich bereits auf eine Samenspende angewiesen war, wollte ich keine fremde Eizelle und entschied mich für die Insemination im natürlichen Zyklus. Eine Einzellspende kam für mich damals nicht in Frage, da wäre sozusagen ja das ganze Kind "fremd" gewesen. Jetzt wo Dari da ist, sehe ich das allerdings anders und ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich würde mein Baby genauso lieben würde, wenn es durch eine Eizellspende entstanden wäre. Ich kann daher nur jeder Frau gut zureden, der andere Wege nicht mehr offen stehen, das auch in Betracht zu ziehen. Auch gegen In-Vitro habe ich mich entschieden. Zum einen, weil es sehr teuer ist, rund 5.000 Euro pro Versuch, und die Kasse ja weder in meinem Alter noch bei Single-Frauen dazuzahlt. Und schließlich sagte mir der Professor, dass in meinem Fall die Chancen durch In-Vitro gar nicht soviel höher lägen, als bei einer Insemination und gerade ältere Eilzellen durch die Entnahme für die künstliche Befruchtung eher leiden.

Da es bei mir keine gesundheitlichen Einschränkungen ab, sondern lediglich das Alter und ein fehlender williger Partner das Problem war, entschied ich mich für Insemination und zwar ohne jegliche Hormone oder Medikamente zur Stimulation. Zum einen, weil ich als Single-Mutter vermeiden wollte, meine Chance auf Mehrlinge zu erhöhen, zum anderen, weil ich den ganzen Vorgang so natürlich wie möglich halten wollte. Ich dachte mir auch: "Wenn mein Körper nicht mehr in der Lage ist, es ohne Unterstützung zu schaffen, soll es vielleicht auch einfach für mich nicht mehr sein." Ich kann aber auch jede Frau verstehen, die für ihren Kinderwunsch wirklich alle Register zieht, nur war das eben nicht mein Weg.

Der eigentliche Ablauf der Insemination ist einfach: Am 9. Zyklustag wird der Ultraschall gemacht, um zu prüfen, ob ein gut gereiftes Follikel vorhanden ist. Falls ja, habe ich ab dem 11. Tag mit Teststreifen zuhause gemessen, wann das Ei springt. In der Regel war das an Tag 12 bei mir, da ich einen schon etwas verkürzten Zyklus von nur 26 Tagen hatte. Dann fuhr ich sobald wie möglich in die Klinik, um die Insemination vornehmen zu lassen, man hat dann nur ein Zeitfenster von einigen Stunden. Die Insemination selbst ist fast schmerzlos und eine Sache von Minuten. Es wird ein Röhrchen mit Spermien aufgetaut, das dauert so 30 min. Dann legt man sich auf den Stuhl und der Samen wird per Katheter an Ort und Stelle gebracht, das dauert vielleicht 3 Minuten. Dann ziehst du dich an, gehst zur Arbeit und lebst ganz normal weiter.

Für viele Menschen ist die 40 eine Art Grenze (wenn auch völlig unbegründet) für den Kinderwunsch. Du hast mit 48 dein Kind bekommen. Inwiefern war dein Alter ein Thema während der Behandlung, der Schwangerschaft und der Geburt?

Da habe ich sehr viel Glück gehabt. Meine Eltern und Freunde standen da voll hinter mir und haben auch daran geglaubt, dass ich es schaffen kann. Auch meine Frauenärztin hatte null Probleme mit meinem Alter und hat mich bestärkt, es noch zu versuchen. Der Arzt in der Kinderwunschklinik war freundlich, hat mir aber keine Illusionen gemacht. 0,2% Chance per Zyklus mit Insemination im natürlichen Zyklus, maximal 2%, da alle Werte top waren. In der Betreuung galt ich natürlich als Risikoschwangerschaft und ich habe auch alle Möglichkeiten zur pränatalen Diagnostik wahrgenommen. Meine Frauenärztin hatte jedoch nie Bedenken, dass alles gut gehen würde und hat mich behandelt wie jede andere Schwangere. Tatsächlich war meine Schwangerschaft eine wunderschöne Erfahrung, ich hatte praktisch überhaupt keine Probleme und konnte sie in vollen Zügen geniessen. Ich war topfit und habe bis kurz vor der Geburt noch zwei Mal pro Woche intensiv argentinischen Tango getanzt. Ich habe es wirklich geliebt, schwanger zu sein! Das Alter wurde dann langsam Thema vor der Geburt, aber auch nur, weil ich eine Woche übertragen habe. Vorsichtshalber wurde dann eingeleitet, bei jüngeren Frauen hätte man wohl noch zuwarten können. Aber auch hier gab es während der Geburt ansonsten keine Bedenken oder Sonderbehandlungen.

Wie hast du dich als Single im Wochenbett organisiert? Hattest du Unterstützung?

Ich habe das große Glück, das meine Eltern in der Nähe wohnen und meine Mutter mit regelmäßig geholfen hat. Sie hat zwar auch viel um die Ohren, aber ihre Unterstützung hat gereicht, dass ich regelmäßig duschen und die Wohnung sauber halten konnte. Außerdem hat sie für mich eingekauft und mir Essen vorbeigebracht. Eure Produkte haben mir das Wochenbett auf jeden Fall angenehmer gemacht, vor allem die Binden mochte ich nicht missen! Dank des Klebestreifens sind sie nämlich nicht jedes Mal aus der Hose gefallen, wenn ich aufs Klo ging ;)

Uns geht es hier ja gerade auch immer wieder um Diskriminierung und unangenehme Begegnungen rund im Schwangerschaften, die von einer vermeintlichen "Norm" abweichen. Hast du negative Erfahrungen gemacht, weil du als Single-Mutter per Samenspende ein Kind bekommen hast und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?

Zum Glück hatte ich nur selten negative Reaktionen, und die kamen hauptsächlich über Social Media. Abfällige Kommentare wie "Das arme Kind" berühren mich kaum. Ich bin Veganerin der ersten Stunde, ich bin es gewohnt, kritisiert zu werden. Die meisten Menschen in meinem Umfeld haben sich gefreut, als ich schwanger wurde.

Wenn du auf deine Kinderwunsch-Zeit zurückblickst, welche Verbesserungen würdest du dir für andere Menschen mit Kinderwunsch ab 40 wünschen?

Ich würde mir mehr Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten wünschen, insbesondere in Bezug auf zusätzliche Tipps zu Blutwerten oder Nahrungsergänzungsmitteln. Außerdem sollte die Politik hier stärker eingreifen und auch Kinderwunschbehandlungen bei älteren Frauen finanziell unterstützen. So werden Kinderwunschbehandlungen ab einem gewissen Alter von vielen Steuerbehörden nicht mehr als Sonderausgabe akzeptiert. Und was mich auch ärgert: Hat eine Frau einen One Night Stand, kennt den Mann nicht und wird so schwanger, bekommt sie Unterhaltsbeihilfe. Ich hingegen bekomme diese nicht, da ich mir die Situation selbst so ausgesucht habe. Aber produziere ich nicht genauso einen Steuerzahler? Ich finde das ziemlich unfair, denn ich mir meine Lage ja nicht wirklich freiwillig ausgesucht.

Was möchtest du unseren Leserinnen abschließend noch mit auf den Weg geben?

Trennt euch von Männern, die euren Kinderwunsch nicht teilen, es sei denn vielleicht, es ist die ganz große Liebe. Ein starker Kinderwunsch ist nicht verhandelbar und auch nicht zu unterdrücken. Und wartet damit nicht so lange wie ich. Gebt nicht auf, solange die Finanzen und die Nerven mitmachen!

Ich habe 20 Inseminationen im natürlichen Zyklus gebraucht und mich hat ein Zitat von JM Storm durch die Kinderwunschzeit getragen, das sowas wie ein Lebensmotto geworden ist: "Magic happens when you don't give up, even when you want to. The universe always falls in with a stubborn heart."

In unserem Alter das goldene Ei zu finden, gleicht eben ein bisschen einer Lotterie, bloß dass die Chancen weit besser stehen. Man sollte sich nicht durch ungünstige Faktoren entmutigen lassen. Klar hatte ich gute Ausgangsvoraussetzungen, während meiner Kinderwunschzeit habe ich aber auch Frauen kennengelernt, die unter Autoimmunkrankheiten litten, einen AMH-Wert von praktisch Null hatten oder sogar eine Krebstherapie hinter sich und dennoch ein Kind bekommen haben. Möglich ist vieles, und Wunder gibt es immer wieder! Ich habe sogar Frauen kennengelernt, die gleich noch mehrere Kinder im Alter von über 45 bekommen haben. Ärgert euch nicht über Ausgaben, wenn es mal wieder nicht geklappt habt. Seht es als Investition in eure geistige Gesundheit, selbst wenn es am Ende gar nicht klappen sollte. Ich jedenfalls hätte mir nie verziehen, es nicht wenigstens versucht zu haben. Während meiner Schwangerschaft habe ich oft an die Aussage gedacht, dass der Körper in jeden Zyklus das noch beste verfügbare Ei für den nächsten Sprung aussucht. Das hört sich dann ein bisschen so an, als ob am Ende nur noch Restekiste oder Ausschussware übrig wäre. Und nun schaue ich mir meinen Dari an, so hübsch und stark und süß wie er ist und frage mich, wie hätte ein jüngeres Ei je "besser" sein können? In diesem Sinne wünsche ich euch allen ganz viel Babyglück und Durchhaltevermögen <3

Nadine findet ihr auf www.terraveggia.de und auf Instagram.

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